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Und Du, was sagst Du dazu?

 



Die „Neue Zeitung“, Klagenfurt, vom 8. Juni 1960 berichtet Folgendes:

 

Tief beschämt wurde ein Rowdy in New York, der den Hund seines Nachbarn erschossen hatte. Im Gerichtssaal hielt der Hundebesitzer eine kurze Rede, einfach und ohne Pathos, die eine überraschende Wirkung auslöste. Der Rowdy, der Hunde nicht leiden konnte, fand keine Worte zu seiner Verteidigung, sondern erklärte nur mit gebrochener Stimme:

 

Bestrafen Sie mich hart, Herr Richter!“

 

Die Leute auf den Bänken im Zuschauerraum horchten auf.

Etwas erhöht, unter dem Sternenbanner, saßen die Richter, die weiß Gott keinen schwierigen Fall zu behandeln hatten. Auch sie blickten schweigend und betroffen auf den Angeklagten und den Hundebesitzer, der folgendes sagte:

 

„Nichts auf dieser Welt ist uns sicher. Deine eigene Frau mag dich verlassen. Deine Kinder mögen sich als undankbar erweisen, trotz aller Opfer, die du für sie gebracht hast. Deine besten Freunde, denen du jahrelang vertraut hast, können dich eines Tages betrügen. Du magst dein Vermögen verlieren. Dein Ruf, deine Ehre können in ein Nichts zerrinnen. Diejenigen, die am meisten vor dir in die Knie gesunken sind, werden vielleicht die ersten Steine nach dir werfen, wenn sie dich nicht mehr brauchen.

Der einzige, absolut uneigennützige Freund, den der Mensch in dieser selbstsüchtigen Welt haben kann, ist sein Hund. In der ärmsten Hütte ist er genauso glücklich wie im größten Palast; denn nur bei dir möchte er sein. Er ist der einzige, der dich nicht betrügt. Wenn du ein Bettler bist, bewacht und verehrt er dich, als wärst du ein Prinz. Wenn du von Haus und Hof vertrieben wirst, wenn sie alle, alle dich verlassen – nur er, dein Hund, verlässt dich nicht. Hast du kein Obdach mehr und musst im Freien schlafen, will er keine andere Belohnung, als bei dir zu sein. Auch wenn du verhungern müsstest, bliebe er die treu. Er hungert mit dir und küsst und leckt die leere Hand, die ihm kein Futter reichen kann. Solltest du plötzlich tot umfallen, er weicht nicht von dir. Er muss eher erschossen werden, als dass er dich im Stiche ließe. Bist du dann in der kühlen Erde, und er weiß die Stelle – dort an deinem Grab findet man ihn. Er scharrt, als wolle er dich wieder ausgraben. Er legt den Kopf zwischen seine Pfoten und trauert um dich, er, dein bester Freund, dein Hund!“

 

Die letzten Worte des Hundebesitzers kamen nur stockend über seine Lippen. Im Zuschauerraum war es still, wie bei einem Gottesdienst. Die Richter schwiegen, der Angeklagte blickte beschämt zu Boden. Die ungewöhnliche Ansprache seines Nachbarn hatte ihn sichtlich erschüttert. „Bestrafen Sie mich hart, Herr Richter!“, das war der einzige Satz, den er hervorbrachte. Doch diese Forderung machte den ganzen Prozess zu einem denkwürdigen Ereignis.

 

Das Urteil hatte dann nur noch symbolische Bedeutung.



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